Der Himmel im Mai 2022
Der Sternenpodcast Mai 2022
Ihr Audioguide für die Sterne. Ob zuhause mit der Sternkarte oder unterwegs unter freiem Himmel - Planetariumsdirektor Thomas Kraupe führt Sie zu den interessantesten Sternbildern und Himmelsereignissen – jeden Monat neu und kostenlos.
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Dieser Podcast des Planetarium Hamburg wird Ihnen in Zusammenarbeit mit dem Hamburger Abendblatt präsentiert - mit freundlicher Unterstützung unserer Audio-Partner Prime Time Studios und Audio Consulting Group.
Die Jahreszeiten am Sternenhimmel
Die hellsten Sterne des Nachthimmels zeigen sich im Mai erst nach 22 Uhr. Interessierte erkennen über dem westlichen Horizont die letzten Relikte des Winterhimmels: im Nordwesten den Stern Kapella im Fuhrmann und weiter „links“ sowie tiefer im Westen den „Kleinen Hundsstern“ Prokyon. Darüber präsentieren sich die Zwillingssterne Kastor und Pollux. Im Osten dominieren bereits die Sommersternbilder. Der ausgedehnte Herkules folgt dem Bärenhüter und die nördlichsten Sterne des Sommerdreiecks, Wega und Deneb, steigen im Nordosten herauf.
Hoch über unseren Köpfen „fährt“ der Große Wagen mit seinen sieben Sternen bereits zu Beginn der Nacht durch den Zenit. Mit der Verlängerung seiner „Rückwand“ finden wir auf halber Höhe über dem Nordhorizont den Polar- oder auch Nordstern. Darunter leuchtet am dämmrig aufgehellten Nordhorizont die Zick-Zack-Linie des „Himmels-Ws“, die Kassiopeia. Sie hat nun ihre tiefste Stellung erreicht.
Wer dem Schwung der Deichsel des Großen Wagen folgt, gelangt zum gelb-orangen Stern Arktur (Alpha Bootis). Es ist der hellste Fixstern am Frühlingshimmel. Noch einmal etwa genauso weit über Arktur hinaus, funkelt im Südosten Spica (Alpha Virginis), der bläuliche Hauptstern der Jungfrau.
Abende mit Mondschein und Sternenbegegnungen
Ab dem 3. Mai tritt unser treuer Begleiter, der Mond, abends in Erscheinung. Etwa eine Stunde nach Sonnenuntergang schält er sich mit seiner schlanken Sichelgestalt aus der Abenddämmerung. „Wir können ihn prima nutzen, um die wichtigsten Sterne am Maihimmel zu finden“, sagt Prof. Thomas W. Kraupe. „Bis zum 6. Mai pirscht er sich an die Zwillingssterne Kastor und Pollux heran und zieht in der Nacht auf den 7. Mai südlich an Pollux vorbei. Abend für Abend wird seine Sichel dicker und verbreitet immer länger ihr mildes Licht. In der Nacht vom 8. auf den 9. Mai steht der Halbmond bereits im Sternbild Löwe und passiert einen Abend später den ‚Kleinen Königsstern‘ Regulus. Auch mit Spica hat der Mond ein Rendezvous. Er zeigt sein rundliches Gesicht in der Nacht vom 13. auf den 14. Mai neben dem bläulich funkelnden Hauptstern der Jungfrau.“
Anschließend zieht der Mond weiter in das sich östlich anschließende Tierkreissternbild Waage. Hier erreicht er in den Morgenstunden des 16. Mai seine Vollmondstellung.
Mondfinsternis – der rote „Blumenmond“
Der Mai-Vollmond trägt den passenden Beinamen „Blumenmond“. Denn zumindest auf der Nordhalbkugel der Erde markiert er die Blütezeit der Natur. „Er ereignet sich in den Morgenstunden des 16. Mai nahe dem sogenannten ‚absteigenden Knoten‘. Das ist der Punkt der Mondbahn um die Erde, an dem unser Trabant die Erdbahnebene südwärts kreuzt. Dabei wandert er diesmal durch den Erdschatten und es kommt zur ersten ‚Totalen Mondfinsternis‘ des Jahres“, erklärt Prof. Kraupe. „Leider ist von diesem kosmischen Schattenspiel in Mitteleuropa allenfalls die erste Phase zu sehen. Denn der Vollmond sinkt bei uns in der beginnenden Morgendämmerung schon vor der totalen Verfinsterung unter den Südwesthorizont – in weiter westlich gelegenen Regionen bestenfalls zu Beginn.“
Nur jenseits des Atlantiks, rund um Südamerika und einen Großteil Nordamerikas, ist diese Mondfinsternis in ihrem vollen Verlauf zu sehen. Die Menschen dort können ab 5:29 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit (MESZ) verfolgen, wie die Mondkugel 85 Minuten lang vollständig in den Erdschatten eintaucht. Dabei erscheint sie jedoch nicht völlig dunkel, sondern leuchtet schwach rötlich als sogenannter „Blutmond“.
„Bei uns in Mitteleuropa endet das Schauspiel bereits zu Beginn der Totalität“, so Prof. Kraupe. „Bei klarer Sicht zum Südwesthorizont können Interessierte in den Morgenstunden des 16. Mai gerade noch verfolgen, wie die östliche Mondseite allmählich vom Erdschatten ‚angeknabbert‘ wird, bevor der Vollmond der Sonne weicht. Er geht im Südwesten unter und die Sonne im Nordosten, am gegenüberliegenden Horizont, auf.“
Das rötliche Licht der aufgehenden Sonne ist für das Phänomen des „Blutmonds“ verantwortlich. Es wird von der Luftschicht über uns in den Erdschatten hineingelenkt. Zusammen mit dem Licht weiterer Regionen, in denen die Sonne gerade auf- oder untergeht, trägt es zu dem rötlichen Schimmer des „Blutmondes“ bei.
Planetenparade für Frühaufsteher
Im Mai lohnt es sich, sehr früh aufzustehen. Denn in der beginnenden Morgendämmerung zeigt sich entlang des Osthorizonts eine wahre Planetenparade. Angeführt wird sie von Saturn, dem fernsten Planeten, den wir gut mit bloßem Auge sehen können. Zur Monatsmitte taucht er bereits gegen 3 Uhr morgens am Südosthorizont auf. Er wandert gemächlich im recht unscheinbaren Sternbild Steinbock. Etwa eine halbe Stunde später folgt weiter „links“ im Wassermann der rötliche Mars. Beide Planeten haben Mühe, sich gegen die zunehmende Morgendämmerung zu behaupten, bevor die beiden hellsten Planeten, Venus und Jupiter, die Himmelsbühne betreten.
Anfang Mai bilden „Morgenstern“ Venus und Gasriese Jupiter noch ein enges Paar. Mit der Zeit bleibt der langsame, ferne Jupiter zurück, während die schnelle, sonnennahe Venus ihm und unserer Erde enteilt. Mars verfolgt Jupiter und holt ihn schließlich ein.
„Im Verlauf des Monats verändert sich die Konfiguration der Planeten in der Morgendämmerung dramatisch“, sagt Prof. Kraupe. „Auch der Mond spielt mit und steht am 22. Mai in der Morgendämmerung unterhalb von Saturn. Am 25. Mai gesellt sich unser abnehmender Trabant zu Jupiter und Mars, die immer enger zusammenrücken. In den frühen Morgenstunden des 27. Mai sinkt die dünne Mondsichel nahe Venus im Osten unter den Horizont.“
Am 29. Mai zieht Mars im Sternbild Fische an dem rund 15-mal heller leuchtenden Riesenplaneten Jupiter vorbei. Sie bilden ein spektakuläres, wenn auch ungleiches Paar: „Unser direkter Nachbar Mars ist nur 225 Millionen Kilometer von uns entfernt und etwa halb so groß wie die Erde“, sagt Prof. Kraupe. „Anders als dieser ‚Felszwerg‘ ist Jupiter mehr als elfmal so groß wie unser Planet – ein wahrer ‚Gasriese‘. Daher können wir ihn auch so gut erkennen, obwohl er sich fast viermal so weit von uns entfernt befindet als Mars.
Die Erde wird Saturn und Jupiter im Spätsommer einholen. So werden die beiden Gasplaneten bald unseren Nachthimmel dominieren. Mars wird erst gegen Ende des Jahres von unserem Planeten überholt und seinen großen Auftritt haben.